Mit Musik den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern Hannah und Levke
„Straßenmusik machen? Ohne Hannah hätte ich das nicht gemacht. Wenn sie nicht gewesen wäre, dann hätte ich mit dem Geige spielen wohl längst aufgehört.“, sagt Levke Naema Dann und lächelt. „Heute könnten wir auf jeder Straße spielen!“ Levke und Hannah Merle Wergin stehen in der Schweriner Schmiedestraße im eisigen Wind und machen Musik.
Sie mögen Punk
Die beiden Schülerinnen kennen sich schon lange. „Eigentlich kennen wir uns schon immer.“, meint Hannah. „Unsere Eltern waren bereits Freunde, als wir klein waren. Aber wir mochten uns nicht besonders gern. Wir hatten immer mal wieder Streit auf den Jugendfreizeiten unserer Gemeinde.“ Während des Konfirmationsunterrichts ändert sich das. Levke und Hannah entdecken in dieser Zeit, dass jede von ihnen ein Instrument lernt. Hannah übt Klavier und Levke lernt Violine. Und sie stellen fest, dass sie einen ähnlichen Musikgeschmack haben. Sie mögen Punk. Den hören sie nun oft gemeinsam.
Hannah lernt Gitarre
„Ich wollte schon immer Musik machen, konnte das aber nicht richtig. Und Klavier, naja.“, erzählt Hannah. „Mein Bruder hatte die Gitarre von meiner Mutter in seinem Zimmer und die hat so schön geglänzt. Irgendwann habe ich sie mir geholt und einfach angefangen, mir das Spielen selber beizubringen.“ Ihren Vater freut das sehr. Er hat früher selbst in Bands gespielt und ermutigt seine Tochter zum Weitermachen.
Levke lernt Geige
„Kein Instrument zu lernen, war bei uns Zuhause keine Option.“, erinnert sich Levke, „Meine Mutti ist sehr musikalisch, mein Bruder hat Cello gelernt. Das war mir zu groß.“ Sie beginnt im Alter von 5 Jahren mit dem Geigenunterricht. „Bei meinen Auftritten habe ich klassische Stücke gespielt. Aber nie so, dass ich das unbedingt anderen präsentieren wollte, es gehörte irgendwie dazu. Wenn Du Geige gut spielen willst, musst du echt krass viel üben. Die ersten 5 Jahre sind ein Leidensweg.“ Sie bleibt dran und wird immer besser. Vor einiger Zeit hat sie für sich auch die Ukulele entdeckt.
Starthilfe
Bei ihren Treffen vor dem Konfirmandenunterricht spielen Hannah und Levke gelegentlich mal ein paar Takte zusammen. Sie stellen fest: „Das hat uns echt Spaß gemacht und ein paar Freunde haben gefragt: Warum macht ihr Zwei nicht etwas daraus? Doch das Covern, also das Nachspielen von Liedern, klappte nicht. Wir waren nicht gut genug.“, meinen die beiden. Die Lösung: Mit dem, was sie können, schreiben die Zwei Anfang 2020 ihr erstes gemeinsames Lied. Es heißt „Kleiner Pankah“ und klingt überhaupt nicht punkig oder schrill. Zu einer fröhlich klingenden Melodie singen sie von einem jungen Punk, der sich gegen Rechts engagiert und der nicht unterzukriegen ist, wenn er sich mit anderen zusammen tut. Genau das machen die beiden Freudinnen auch. Hannah traut sich als erste auf die Straße. Allein. „Wenn ich etwas möchte und es irgendwie schwierig wird, dann mache ich es erst recht.“, Und sie schmunzelt: „Levke musste ich noch ein bisschen boxen, damit sie mitkommt.“ Im Internet gucken sie, wie andere es machen und im Paulskirchenkeller bekommen sie Starthilfe von einem Straßenmusiker, der schon einige Erfahrung hat. Und dann geht es los.
Sie werden mutiger
„Bei unserem ersten Auftritt letzten Sommer waren wir wirklich noch sehr unsicher. Aber wenn die Leute stehen belieben und zuhören, wenn Kinder zu unserer Musik tanzen, dann macht das so viel Spaß. Da wirst du von alleine mutiger und selbstsicherer.“, lacht Levke. Sie nehmen sich vor, von den Einnahmen eine E-Geige für Levke zu kaufen und ein Konzert zu geben, um Spenden für Ärzte ohne Grenzen im Flüchtlingslager auf Moria zu sammeln. Doch Corona macht ihnen einen Strich durch die Rechnung. – Vorerst. „Doch wir spielen auch jetzt, weil wir den Leuten eine Freude damit machen können. Meist sind es Lieder, die wir selber gerne hören würden, Texte, die eine Botschaft haben und Hoffnung machen, die wir gerne in die Welt tragen.“, so Hannah.
Bitte nicht nach Stechuhr
Die geltenden Vorschriften für Straßenmusiker gefallen den jungen Frauen nicht. Sie sind überzeugt, dass man Kunst nicht nach der Stechuhr machen kann. „Dieser Stundentakt in Schwerin ist doof. In Rostock gibt es sogar einen Halbstundentakt. Man sagt ja auch zu keinem Maler, er dürfe nur ein halbes Blatt bemalen.“ sagen sie.
Und dann durch Europa
Ihre beruflichen Ziele verbinden sie nicht mit Musik. Levke möchte gerne Psychologie studieren und als Kinder- und Jugendtherapeutin arbeiten. Hannah schwankt zwischen Gemeindepädagogik und Straßensozialarbeit oder Rettungssanitäterin und einem anschließenden Medizinstudium. Doch bevor es soweit ist, muss erst einmal das Abitur geschafft werden. Und nach dem Schulabschluss möchten die beiden am liebsten mit ihrer Musik durch Europa ziehen und Land und Leute kennenlernen. „Ein bisschen Show ist wichtig.“, sagt Hannah. „Niemand will traurigen Gestalten zu hören. Manchmal üben wir deshalb vor dem Spiegel, damit wir besser werden und den Leuten ein Lächeln ins Gesicht zaubern können.“