Lebensfreude findet nicht vor dem Fernseher statt … Alenka Baerens aus Slowenien

Alenka Baerens aus Slowenien

In Ljubljana beginnt die weite Welt

Sie ist in der Steiermark aufgewachsen. Nein, nicht in Österreich, sondern in der Region der Republik Slowenien, die auch Steiermark heißt und mindestens ebenso schön ist. „Landwirtschaft, Weinberge, Quellen und Thermen direkt vor unserer Haustür. Für uns Kinder war das Leben dort auf dem Land toll. Den ersten Schritt in die „weite Welt“ habe ich gemacht, als ich mit 18 Jahren zum Studium in die Hauptstadt Ljubljana ging. Das war schon aufregend. Nicht zu vergleichen mit echten Großstädten wie Berlin oder Hamburg, aber im kleinen Ljubljana traf sich alles: Kunst, Kultur, Politik, junge Leute und das Gefühl pulsierenden Lebens.“

Alenka Baerens sitzt in ihrer Küche auf dem Hof Medewege in Schwerin und blickt zurück. Die studierte Landwirtin hatte sich mit ihrer Diplomarbeit auf die Vermarktung von Bio-Produkten spezialisiert und damit ihre „Nische“ gefunden. Für den Verband der Bio-Bauern Zentralslowenien hat sie ein Bio-Label mitentwickelt, einen Bauernmarkt aufgebaut. „Im jungen EU-Staat Slowenien war die biologische Landwirtschaft eine echte Chance auch für kleine Höfe. Wenn es um Obst, Gemüse, Wein, Fleisch oder auch Tourismus geht, steht „Bio“ bei den Konsumenten, den Gastronomen und auch Besuchern des Landes hoch im Kurs.“, sagt die heute 45Jährige. Sie lebt mit ihrem Mann und den 2 gemeinsamen Kindern seit 12 Jahren im Gutshaus auf dem Hof am Rande Schwerins.

Gefühle in einer Fremdsprache ausdrücken

„Kennengelernt habe ich Matthias bei der Arbeit. In Polen, auf einem Seminar über „Tourismus auf Biohöfen“ sind wir uns begegnet. Eine ganze Weile hat die „Fernbeziehung“ unser Leben geprägt und wir haben lange überlegt, wie und wo es ein gemeinsames Leben für uns geben kann. Es ging mir gut in Slowenien, ich hatte einen Freundeskreis, einen guten Job. Die Perspektive, hier auf dem Hof zu leben und mein Wissen, meine Erfahrungen in die Arbeit hier in Schwerin einbringen zu können, haben die schwierige Entscheidung ein wenig erleichtert. - In unserer Partnerschaft haben wir es anfangs auf Englisch miteinander versucht. Aber drücken Sie Ihre wahren Gefühle mal in einer Fremdsprache aus. Das klappt nicht immer. So wurde es dann Deutsch. Zumindest im Berufsleben, im Kontakt mit österreichischen Organisationen, habe ich ja bereits Deutsch gesprochen. Das hatte ich in der Schule gelernt.“

Wie viele Slowenen ist Alenka Baerens mehrsprachig. Aufgewachsen mit einem regionalen Dialekt, war die erste Fremdsprache in der Schule Deutsch. Im Studium kam dann „Hoch-Slowenisch“ dazu. „Irgendwie ist jede dieser Sprachen ein Lebensabschnitt mit eigener Identität. Manche Dinge, die ich in Deutsch erlebe, kann ich in meiner Muttersprache gar nicht so recht ausdrücken.“, sagt sie und ist ein wenig traurig darüber, dass ihr hier etwas verloren geht. Bosnisch, Kroatisch und Serbisch spricht sie auch. Und hin und wieder nutzt sie ihre vielen Sprachkenntnisse für Übersetzungen und verdient damit etwas Geld.

Das Spontane fehlt ihr manchmal

Und wie geht es ihre heute hier in MV? Ist sie angekommen? – „Aber ja, auch wenn die Menschen hier zurückhaltender und mehr auf sich bezogen sind, als in meiner Heimat. Manchmal vermisse ich das Spontane, mal eben einen Kaffee zusammenzutrinken oder die zwanglose Geselligkeit. Inzwischen habe ich gelernt, „organisiert“ zu leben. Und als Mutter zweier Kinder musst Du im Alltag voll da sein.“, sagt sie und lacht. Ihre Neugier und Vitalität hat sie sich bewahrt. Neben ihrem Job bei „Arbeit und Leben“ engagiert sich die zertifizierte Erlebnispädagogin in der „Mädchenarbeit“ oder im Schweriner Weltladen. Sie lernt gerne etwas dazu und ist seit kurzem mit dem Fernstudium „Erwachsenenbildung“ an der Uni Magdeburg voll eingespannt. 2019 wird sie in verschiedenen Kirchengemeinden zum „Weltgebetstag der Frauen“ ihr Herkunftsland vorstellen.

Wann immer möglich, ist sie gerne draußen unterwegs, allein oder mit Familie und Freunden, im Grambower Moor zum Beispiel. „Natur, Gemeinschaft, Lebensfreude, das findet nicht vor dem Fernseher statt.“, lacht sie. Und den hat sie auch gar nicht.

Dieser Artikel ist (gekürzt) auch in der Schweriner Volkszeitung SVZ erschienen 2019-04-04

Länderinfo Slowenien

Die Republik Slowenien grenzt an Italien, Österreich, Ungarn und Kroatien. Hauptstadt und zugleich größte Stadt des Landes ist das zentral gelegene Ljubljana. Die einzige Hafenstadt an der Adriaküste ist Koper. 2.864m hoch ist der Triglav, der höchste Berg Sloweniens.

Rund 2 Millionen Slowenen, 57,8% sind katholisch, leben in dem Land, dass nicht ganz so groß wie Mecklenburg-Vorpommern ist. 62,3% des Landes sind von Wäldern bedeckt, nur Schweden und Finnland haben mehr. 37% des Landes stehen unter Naturschutz - in Deutschland und Österreich sind es ca. 15%. 1.200.000 Bäume werden jedes Jahr gepflanzt. 7.000km alpine Wanderwege mit 165 Berghütten und Biwaks stehen Naturliebhabern offen.

2104 ökologisch bewirtschaftete Bauernhöfe gibt es im Land, auf jedem dritten Hof kann man Urlaub machen. 400t Olivenöl werden jährlich erzeugt

Das Gebiet Sloweniens wurde Anfang des 6. Jahrhunderts von den Slawen besiedelt. Im Jahr 788 eroberten Franken das Gebiet und die Bistümer Aquileia und Salzburg missionierten es. Im 11. Jahrhundert wurde Slowenien in das Heilige Römische Reich eingegliedert und zum Herzogtum erhoben. In den folgenden Jahrhunderten zählte das Territorium zur Habsburger Monarchie. In Folge der Auflösung der Doppelmonarchie 1918 wurde Slowenien Teil des neu gegründeten Königreichs Jugoslawien. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges existierte Slowenien als Gliedstaat im sozialistischen Jugoslawien. Nach Verkündung der Unabhängigkeit 1991 ist Slowenien ein eigenständiger Nationalstaat und 1992 eigenständiges Mitglied der UNO. Das EU-Mitglied Slowenien, ist heute das wohlhabendste Land des ehemaligen Jugoslawiens. Im Index der menschlichen Entwicklung (HDI) belegt es 2017 Rang 25 von 188 Ländern weltweit.