Ein sympathischer Zahnarzt Dimitar Boschkov aus Nordmazedonien
„Ich dachte, wenn ich mich zeige und erzähle, wie mein Werdegang ist, könnte das ein gutes Beispiel für Integration sein. Man muss sich schon auf die Sprache und Kultur des Landes einlassen, in dem man lebt.“, erinnert sich Dimitar Boschkov an seine Rede zur Einbürgerungsfeier im Demmlersaal des Schweriner Rathauses im Jahr 2017. Gemeinsam mit 70 Menschen aus 27 Staaten ist Boschkov im Jahr zuvor in Schwerin deutscher Staatsbürger geworden. Aus Boshkov wurde Bos“C“hkov. Und mit dem neuen „C“ in seinem Namen endet ein besonderer Abschnitt der Reise, die für Dimitar Boschkov viel früher beginnt.
Seine Feinmotorik stimmt
Dimitar Boschkov wächst in der Kleinstadt Radoviš im Südosten Nordmazedoniens auf. „Im Kindergarten haben mir das Basteln und Reparieren viel Spaß gemacht.“, lacht Boschkov und erinnert sich, wie er wenig später seinen Computer zerlegt und erfolgreich wieder zusammenbaut. Die Feinmotorik beherrscht er, und das Systematische und Strukturierte gefällt ihm. Boschkov weiß schon früh, dass er gerne Zahnarzt werden möchte. Er ist 15 Jahre alt, als der Schulwechsel ansteht. Er entscheidet sich für eine Berufsausbildung mit Abitur. Seine Wahl fällt auf einen technischen Beruf mit medizinischem Grundwissen. Er wird Zahntechniker, und macht sich nach dem Abschluss auf die Suche nach einem Studienplatz.
Für das Studium lernt er Deutsch
„Ich wollte im Ausland studieren, meinen Weg machen. - Mein bester Freund studierte bereits ein Jahr lang an der Universität Greifswald. Ihm wollte ich gerne folgen.“, so Boschkov. Er ist zielstrebig und wendet sich an den „uni assist e.V.“ in Berlin. Dieser Verein hilft internationalen Studienbewerbern bei der Studienplatzsuche in Deutschland. Rund 170 deutsche Hochschulen tragen diese Servicestelle. Mit den auf bestimmte Herkunftsregionen spezialisierten Teams bearbeitet uni-assist e.V. jährlich rund 300.000 Studienbewerbungen aus über 180 Staaten der Erde. Im Jahr 2007 ist eine der Bewerbungen die von Dimitar Boschkov. Und es klappt. „Ich bin ja auf dem Balkan aufgewachsen und beherrsche die Sprachen der Region. Kroatisch, Bulgarisch, Serbisch … Und Englisch. Aber Deutsch musste ich erst einmal lernen. Im Studienkolleg an der Universität Greifswald lernten wir, wie man lernt, und wurden auch fachlich wirklich gut auf das Studium vorbereitet.“ 2009 legt Boschkov mit dem richtigen Studium los. Zunächst ein Semester Pharmazie. „Damit habe ich die Zeit bis zum Beginn des Wintersemesters überbrückt. Die Zahnmediziner beginnen mit dem Studium nur einmal pro Jahr. Und die Lerninhalte aus der Pharmazie konnte ich mir anerkennen lassen.“, schmunzelt Boschkov. Das Studium war zeitweise ganz schön hart. Boschkov beklagt sich nicht über die Herausforderungen. Er meistert sie. „Das Zahnmedizinstudium geht von 08:00 bis 20:00 Uhr und du musst immer konzentriert und wach sein.“ Das gilt besonders in den praktischen Ausbildungsphasen. Lernen die Studierenden in der vorklinischen Phase an Modellen und an Puppen, so geht es in der klinischen Phase unter den Augen der Oberärzte und Professoren an die echten Patienten. „Da wird zwar langsamer als im heutigen Alltag und zugleich sehr, sehr gründlich gearbeitet und deine Arbeit wird x-mal kontrolliert.“
Nach dem Studium folgt die Einbürgerung
„Meine Eltern haben mich unterstützt.“, so Boschkov. Neben der Uni geht er arbeiten. Er kellnert, dolmetscht, ist studentische Hilfskraft in seiner Fakultät und beendet sein Studium in der Regelstudienzeit. – Das gelingt nicht jedem. Er ist noch nicht Ende Zwanzig, als er an seine Approbation seine Zeit als Assistenzarzt in Schweriner Zahnarztpraxen anschließt. An der Universität lernt Dimitar Boschkov seine heutige Verlobte kennen. Sie ist für ihn der Grund, noch länger in Deutschland zu bleiben. „Mein Aufenthalt war befristet und ich wollte mich 2016 erkundigen, wie ich einen unbefristeten Aufenthalt bekommen könnte. Die Sachbearbeiterin in der Schweriner Verwaltung sagte mir, ich könne auch die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen. Und da ich bleiben wollte, habe ich den Antrag gestellt.“ Es folgen ein Lehrgang zur Integration und der Einbürgerungstest. „Das fand ich okay. Wenn man politisch interessiert ist, dann ist das kein Problem. Meine deutschen Freunde haben vorgeschlagen, wir könnten mit den 300 Testfragen ja Quizabende machen!“, lacht Boschkov. Vermutlich wäre er als Sieger daraus hervorgegangen.
Angekommen im Traumberuf
Gewonnen hat Dimitar Boschkov in jedem Fall. Er hat seinen Traumberuf gefunden und mag seine Arbeit. Er hat mit einer jungen Mecklenburgerin die Frau fürs Leben gefunden. „Und mit dem deutschen Pass ist das Reisen viel einfacher geworden.“, freut er sich. „Keine Anträge mehr für ein Visum in fast allen Ländern der Welt und grenzenloses Reisen und Arbeiten in Europa. Offen gesagt, die Nationalität an sich ist mir gar nicht so wichtig. Jeder Mensch hat eine Nationalität und meist kann man sie sich nicht aussuchen. Ich mag die Traditionen Mazedoniens und fühle mich als Europäer.“, ergänzt er und schwärmt von den Rindsrouladen mit eingerollten Gürkchen und Speck von seiner künftigen Schwiegermutter. 2020 wurde die Hochzeit wegen Corona verschoben. Vielleicht klappt es ja in diesem Jahr. Die Suche nach einer eigenen Zahnarztpraxis hat er bereits begonnen.
Länderinfo Nordmazedonien
Die einstige Teilrepublik des sozialistischen Jugoslawiens heißt seit 2019 „Republik Nordmazedonien“. Der Binnenstaat ist nur wenig größer als Mecklenburg-Vorpommern. Er liegt im Nordwesten der historischen Region Makedonien in Südosteuropa. Die Nachbarn: Serbien, Bulgarien, Griechenland, Albanien und Kosovo.
In der Hauptstadt Skopje leben etwa 540.000 Einwohner. Das ist etwa ein Viertel der Gesamtbevölkerung. Das Land kämpft mit einer schwachen Infrastruktur sowie fehlenden Investitionen und hohen Arbeitslosenzahlen. Wirtschaftlich und politisch befindet sich das Land mit einer der schwächsten Volkswirtschaften Europas im Umbruch. Bereits seit 2005 ist der Staat Beitrittskandidat zur Europäischen Union (EU).
Nordmazedonien gilt als Auswanderungsland. Auswanderungswellen gab es zwischen 1912 und 1944, als Bulgaren und Türken die Region verließen, nachdem „Mazedonien“ dem Königreich Jugoslawien zugesprochen worden war. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Sozialistische Teilrepublik Mazedonien neben dem Kosovo die wirtschaftlich rückständigste. Vor allem Angehörige der albanischen Volksgruppe gingen nach Mitteleuropa, um dort den Lebensunterhalt zu verdienen. Nach der Auflösung Jugoslawiens zogen zahlreiche Familien nach. Geschätzt leben etwa 200.000 bis 300.000 Mazedonier albanischer Abstammung im Ausland. Die Zahl der slawischen Mazedonier im Ausland ist dagegen niedriger. Nordmazedonien ist seit 2020 Mitglied der NATO.