Vom Atlantik an den Schweriner Aussensee David Donovan, Irland

David Donavan

Wäre alles normal, dann würden sich seine Kinder und seine Frau morgens auf den Weg nach Schwerin machen. Die Kinder zur Schule und seine Frau zur Arbeit. Und David Donovan wäre auf dem Weg ins Büro nach Bad Doberan. - Nun ist aber zurzeit nichts mehr normal. Und so ist der Arbeitsplatz von David Donovan aus Na Clocha Liatha seit einigen Wochen im Lübstorfer Homeoffice. Und im Zimmer nebenan ist Home Schooling für die Kleinen. „Wir kommen damit schon klar!“, sagt der freundliche Ire.

Schule ist wichtig

„Im Sommer 1988 war ich während der Ferien in einem internationalen Pfadfindern-Zeltlager in der Nähe von Saarbrücken. Da waren Pfadfinder aus mindestens 15 Ländern. Doch ehrlich gesagt, von Deutschland haben wir Kinder damals nicht viel mitbekommen.“, erinnert er sich. Aufgewachsen ist Donovan ein paar Kilometer südlich von Dublin in der kleinen Hafenstadt Na Clocha Liatha, englisch Greystones. „Das war schon schön! Jedenfalls solange ich nicht nass wurde!“, lacht er, „Denn das Wasser dort ist nicht so mein Ding. Angeln ja, aber baden Nein! Der Atlantik war einfach zu kalt. Mir waren die Wicklow Mountains lieber!“ Dorthin zieht es den jungen David immer wieder: mit dem Mountainbike, zum Wandern und zum Zelten mit den Pfadfindern. „Die Schule haben wir damals nicht so ernst genommen wie viele Leute heutzutage. Cool waren diejenigen, die nicht ständig lernten.“, so Donovan, „Ich meine, Schule war schon wichtig, aber sie hatte auch für unsere Eltern einen anderen Stellenwert. Keiner von uns musste mit anderen Kindern um gute Note wetteifern. Früher oder später fand jeder ganz von alleine seinen Weg.“

Sein Weg ...

Er ist 17. Da führt ihn der Weg zunächst ins Ingenieursstudium. „Doch da war ich unglücklich. Das war nichts für mich. Ich wollte Kunst machen.“, sagt er und entscheidet sich für eine Ausbildung in Cork im Bereich Druckgrafik. Lithographie, Siebdruck, Holzschnitt, Radierung und vor allem Kunstgeschichte stehen auf seinem Lehrplan. „Es war wichtig, dass du etwas lernst, aber nicht was du lernst. Hauptsache du bist mit Leidenschaft dabei.“, meint Donovan und erinnert sich, dass in den 90er Jahren in Irland viele junge Leute als Quereinsteiger auch in entfernteren Branchen einen Job fanden. „Du konntest Literatur studieren und hinterher in einer Bank arbeiten. Jetzt läuft alles total gezielt von Anfang an.“ Ihm ist es wichtiger, einen weiten Blick auf die Welt zu bekommen. Während des Studiums beginnt er Schmuck herzustellen. „Im Sommer habe ich an Touristen-Hot-Spots einen Stand aufgestellt und mit handgemachtem Schmuck gutes Geld verdienen. Das war eine tolle Zeit. Menschen aus vielen Ländern und abends in den Kneipen dann Livebands und Party!“, lacht Donovan. Erneut setzt er sich auf die Schulbank, studiert Industriedesign und bezahlt die Studiengebühren mit dem Verdienst aus dem Schmuckverkauf. Er jobbt in Restaurants, als Gärtner, auf Baustellen und landet schließlich bei einem Hersteller von Dachstühlen. „Ein paar Jahre dachte ich: Es war doof so zu bummeln und verschiedene Dinge zu tun, aber heute bin ich froh, das gemacht zu haben. Ich habe einen anderen Blick auf das Leben!“ so Donovan. „Ich bin glücklich, dass ich viele verschieden Sachen ausprobiert habe.“

... nach MV

Irische Universitäten sind beliebte Studienorte für junge Leute aus aller Welt. Unter ihnen ist eine junge Frau aus Lübstorf. Sie erobert sein Herz. Und mit ihr besucht er ihre Heimat. „Damals waren noch ganz viel Trabbis unterwegs. Das erste Mal zu Weihnachten in Mecklenburg war lustig. Ich kannte bereits die deutsche Art von Weihnachtsdekoration und so. Ein Mitschüler von mir hatte eine Mutter aus Deutschland. Bei ihm zuhause gab es Weinachten deutsche Kekse und der Weihnachtsschmuck war anders als bei uns.“ Seit er hier lebt, entdeckt Donovan eine Reihe Ähnlichkeiten zwischen den Iren und den Mecklenburgern. „Es gibt keine richtige Mahlzeit ohne Kartoffel!“, lacht er herzlich. „Und du kannst hier oder dort im Wald wandern, ohne jemanden zu treffen. Und wenn die Leute sich erinnern, dass sie Westfernsehen geschaut haben und die Dinge dort für sie unerreichbar waren, dann denke ich, das kenne ich. Wir Kinder haben gerne Sendungen der BBC geschaut und vieles dort gab es nur für die Leute aus Great Britain.“ Arbeit findet der zugezogene Ire schnell in der Region. Zunächst in Zarrentin, dann in Wismar und drei Jahre lang für einen Bauunternehmen in Warin. Heute arbeitet Donovan als Konstrukteur für Industrie-Kältegeräte in Bad Doberan. Der tägliche Arbeitsweg dauert meist eine Stunde hin und eine Stunde zurück. Nicht so im Homeoffice. „Wenn kein anderer aus der Familie im Internet ist, dann klappt die Verbindung ganz gut.“, schmunzelt er.

Den rauen Atlantik vermisst Donovan schon ein bisschen, aber er sagt auch. „Meine Heimat gibt es eigentlich nicht mehr. Mein Dorf ist heute eine Stadt. Die damalige Lockerheit ist weg.“ - Er tröstet sich damit, dass das Wasser hier in den Seen wärmer ist als am Atlantik und er auch am Ostseestrand baden gehen kann.