Sie weiß, wie es sich anfühlt, diskriminiert zu werden Ellen-Tosca Kokaras-Tantzen
„Mein Vater war Grieche. Als Kriegsgefangener überlebte er das KZ Dachau. Meine Mutter floh als Kind aus Pommern. Ich bin in Lübeck geboren und weil es doch für mich so normal ist, so zu sein, wie ich bin, hier in Deutschland, war mir nicht bewusst: Ich bin eine „me two“. Und ich weiß, wie es sich anfühlt, diskriminiert zu werden.
Meine Mutter war die „Griechenhure“ und ich war der „Bastard“. So war die Schulzeit. Und das in der damals SPD-regierten Stadt Lübeck .Ich war 11 und stand an der Hand meiner Mutter dem Rektor des Mädchengymnasium gegenüber, als er sagte: “Das hätten Sie doch wissen müssen, wenn Sie sich von ‘nem Ausländer Kinder machen lassen, dass die es nicht leicht haben werden.“ Das Schlimme war ja, dass unsere Eltern die Rassen vermischt haben. Eine schöne blonde blauäugige Frau hat sich von einem Ausländer Kinder machen lassen. Das ging gar nicht. - Ich weiß nicht mehr, wie oft die Reifen vom Auto aufgeschlitzt waren oder die Fußmatte gebrannt hat.
In Frankental in der Pfalz waren Claus und ich auf dem Standesamt und wollten heiraten. Da unterstellt mir der Standesbeamte, ich hätte meine Papiere wohl gefälscht, damit Claus mich heiraten und ich hierbleiben kann, „Frau K-o-k-a-r-a-s, oder wie spricht man das aus?!“ - Ich konnte gerade noch meine Tränen zurückhalten und habe immer gedacht: Oh Gott, Du bist illegal. Was mache ich nur? Ich bin Illegal.“ Der Beamte hatte natürlich alles Recht der Welt zu fragen und nachzuhaken, aber die Art und Weise ... Da habe ich mich gefühlt wie der letzte Dreck.
Ich habe meine Mutter angerufen und gesagt: „Was habt Ihr nur gemacht? Ich bin illegal“ Und sie erinnerte sich an ihre eigene standesamtliche Trauung. Geheiratet haben meine Eltern erst ein paar Jahre nachdem wir auf der Welt waren. Und dabei fielen mein Bruder und ich irgendwie unter den Tisch. Für die Deutschen waren wir nun Griechen, für die Griechen gab es uns aber nicht, weil unsere Eltern nicht griechisch-orthodox getraut waren. – Rausgekommen ist das, als meine Eltern unsere Kinderausweise für eine Reise in die DDR beantragt haben.
Mit Angriffen von rechts, weil ja schon mein Name nicht wirklich Deutsch klingt, werde ich schon immer mal konfrontiert. Aber niemand braucht sich um mich keine Sorgen zu machen. Ich habe ein tolles soziales Umfeld. Anderen zu helfen, liegt mir wirklich am Herzen. Ich betreue mit meiner Freundin seit 2015 Jahren eine syrische Familie mit drei Kindern. Mittlerweile sind wir fast eine Familie geworden und die drei kleinen Jungs sind wie Enkel für mich. Bei der Geburt des dritten Sohnes war ich dabei und habe die Nabelschnur durchgeschnitten. Wir besuchen die Familie regelmäßig und lernen mit allen die Deutsche Sprache. Der Vater ist als Polsterer seit 2016 in Arbeit, die Mutter besucht einen Sprachkurs.
Im Bekanntenkreis verstehen manche Leute dieses Engagement nicht. Bei einigen Menschen, die uns deswegen belächeln, war ich schon sehr überrascht. Aber mich sozial zu engagieren, ist einer der wichtigsten Bestandteile in meinem Leben.
Ehrenamtlich engagiere ich mich auch im Vorstand des SV Einheit e.V. Dort habe ich mit meinem Mann eine Kendo-Sparte aufgebaut. Und mit meiner Einstellung fühle ich in der heutigen SPD gut aufgehoben. – Auch wenn es mit dem Einzug in die Schweriner Stadtvertretung nicht geklappt hat. (Foto : Jens Hannewald)