Buchhaltung liegt ihm Md Rasal

Md Rasal aus Bangladesch

Md Rasal ist der Jüngste. „Mit meiner Schwester und meinen zwei Brüdern bin ich in einer kleinen Stadt aufgewachsen.“, meint Md Rasal. Dabei ist Noakhali, der Hauptort des Distrikts mit dem gleichen Namen, mit rund 130.000 Einwohnern deutlich größer als sein heutiger Wohnort, die Landeshauptstadt Schwerin.

In Noakhali besucht Md Rasal die Schule bis zur 10. Klasse. Dann wechselt er auf das College in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch. Seine Heimatstadt Noakhali erscheint verglichen mit den etwa 10.000.000 Millionen Einwohnern Dhakas dann tatsächlich klein.

Am College entdeckt Md Rasal seine Vorliebe für Zahlen. Accounting – Finanzbuchhaltung ist sein Lieblingsthema. Das macht ihm Freude. Er lernt gern und so schließt er das College mit der Note 1,3 erfolgreich ab. „Mein Wunsch war es, im Rechnungswesen zu arbeiten. Mein Onkel war bereits als Buchhalter in Bangladesch tätig.“, sagt Md Rasal.

Nach dem Abschluss macht sich Md Rasal auf die Suche nach einem Studienplatz. Englisch ist in Bangladesch weit verbreitet und wird als Verwaltungs- und Geschäftssprache genutzt, hat aber anders als im benachbarten Indien keinen offiziellen Status als Amtssprache. Auch Md Rasal spricht Englisch und so hat er die Möglichkeit, im Ausland zu studieren. „Im Internet habe ich mich umgesehen. An den öffentlichen Hochschulen in Bangladesch gibt es nur wenige Studienplätze. Die privaten Universitäten sind sehr teuer. In Australien oder Amerika sind die Studiengebühren zu hoch. Das konnte ich mir nicht leisten.“, erinnert sich Md Rasal. Und er entdeckt bei seiner Suche, dass in Deutschland einige Universitäten und Hochschulen auch Studiengänge in englischer Sprache anbieten.

„In Deutschland sind die Kosten für ein Studium deutlich niedriger, und ich war mir sicher, für die Miete und den Lebensunterhalt könnte ich Nebenjobs annehmen.“, lächelt er und erzählt von seinen Bewerbungen und dem Weg nach Deutschland. Über die Internetseite des DAAD – Deutscher Akademischer Austauschdienst – stößt er auf den Studiengang „International Management Studies in the Baltic Sea Region“ auf Englisch an der Hochschule Stralsund. Er bewirbt sich und erhält eine Zusage.

Md Rasal ist erst 22 Jahre, als er seine Familie in Bangladesch verlässt und nach Berlin fliegt. „Ich kannte in Berlin niemanden. Nach einer Woche lernte ich ein paar Bangladeschi in Neukölln im Sprachkurs kennen und wir haben dann in einer Wohngemeinschaft zusammengelebt. – Nebenbei hatte ich einen Job in einer Restaurantküche. Als mein Deutsch langsam besser wurde, konnte ich auch als Kellner arbeiten“. Nach dem Sprachkurs geht es 2014 endlich nach Stralsund.

„Im Studiengang an der Hochschule Stralsund kommen die Studenten aus vielen Ländern, zum Beispiel aus Polen, Spanien, Finnland, Norwegen, Schweden, Island, Ecuador, Peru. Wir haben vieles über unsere unterschiedlichen Kulturen gelernt. Im Studentenwohnheim haben wir auch viel Party gemacht.“, lacht Md Rasal. „Ich habe gerne in Stralsund gewohnt.“

In der Freizeit jobbt Md Rasal, spielt Kricket, Badminton und Tischtennis mit Kommilitonen aus Pakistan und Indien und liebt es am Strand spazieren zu gehen. Und er lernt fleißig. Es kommt wie es kommen muss. Eine junge Schwerinerin gewinnt sein Herz. Sie hat in Rostock eine Ausbildung als Krankenschwester gemacht. Noch während des Studiums kommen die zwei Töchter der beiden jungen Leute zur Welt. Und sie fassen gemeinsam den Plan, sobald wie möglich nach Schwerin zu ziehen. Hier leben ihre Mutter, die Tante und die Großeltern.

Doch zunächst absolviert Mr Rasal bei der Axiom Nord GmbH Personaldienstleistung ein 6-monatiges Praktikum. Im Bereich Personalwesen sammelt er Erfahrungen im Social Media Recruitment, dem Bewerbermanagement sowie dem Erstellen von Stellenanzeigen und Berufsprofilen. Im Anschluss, in seinem letzten Semester, zieht Md Rasal nach Schwerin. Hier geht es auf die Zielgrade und er schreibt seine Bachelorarbeit.

„Seit ein paar Wochen arbeite ich in der Kreditorenbuchhaltung des Schweriner ZGM. Über einen Personaldienstleister bin ich dort beschäftigt. Und die Arbeit macht mir wirklich Spaß. – Überhaupt sind die Leute nett in Schwerin. Mit der großen Tochter (4) gehen wir gern in den Zoo.“, lächelt Md Rasal. Fremd ist ihm, dass man sich in Deutschland so wenig spontan besucht und so viel Post von Behörden bekommt. Es ist zwar noch etwas früh, aber Md Rasal freut sich bereits auf den Schweriner Weihnachtsmarkt und auf Ente mit Rotkohl.

„Ich hätte nicht gedacht, dass in Schwerin wirklich Menschen aus 100 Nationen leben“, meint Md Rasal.“Ich glaube, aus Bangladesch bin ich der Einzige, aber sicher bin ich nicht.“

Seit seiner Abreise vor 8 Jahren hat Md Rasal seinen Vater und die Geschwister nicht gesehen. „Meine Mutter starb, als ich 18 Jahre alt war. Für meine Familie ist es einfach zu teuer, nach Deutschland zu kommen und ich hatte während des Studiums auch kein Geld für eine Reise nach Noakhali. Wir telefonieren und skypen oft. Ich vermisse sie. Mein Vater ist bereits 87 und ich wünsche mir sehr, dass er seine Enkel und meine Frau bald kennenlernt.“, meint Md Rasal und hofft - wie so viele - auf das Ende der Corona-Pandemie.

Länderinfo Bangladesch

Bangladesch ist ein relativ junger Staat in Südasien. Er nimmt den östlichen Teil der historischen Region Bengalen ein. 1947 wurde dieser aufgrund der muslimischen Bevölkerungsmehrheit bei der Teilung Britisch-Indiens unter der Bezeichnung Ostpakistan zum östlichen Landesteil Pakistans. Im Jahr 1971 erlangte Ostpakistan als Folge des Bangladesch-Krieges seine Unabhängigkeit unter dem Namen Bangladesch.