Auch in schweren Zeiten bleibt er am Ball Salifu Jammeh aus Gambia

Salifu Jammeh, Gambia

Wenn er die Fußballschuhe anzieht und auf den Rasen läuft, ist die Welt für ihn in Ordnung. In seinem Heimatland Gambia fängt Salifu Jammeh (20) mit dem Fußballspielen dort an, wo es für die meisten Jungs losgeht: auf der Straße in seinem Dorf.

In Jinack Kajatta am Rande des Niumi National Park an der Westküste Afrikas kommt er zur Welt. Im Alter von 3 Jahren wird Salifu zu seiner Tante nach Bakoteh auf der anderen Seite des Flusses Gambia gebracht. Hier wächst er auf. Als 5jähriger entdeckt er die Bakoteh Football Academy und dort lernt er kicken. „Meine erste Mannschaft war MILAN Bakoteh. Ja, wie der AC Milan, aber eben in Gambia.“, lacht Salifu Jammeh.

Nachdem Tod der Tante beginnen 2012 seine Schwierigkeiten. In der Familie läuft es nicht mehr gut, in der Schule auch nicht. Es ist eine unruhige Zeit. Es verlässt die Schule und geht arbeiten. Er sammelt Holz, arbeitet als Tagelöhner auf dem Feld und auf dem Bau. Und er spielt Fußball, wann und wo immer es geht. Salifu Jammeh sucht einen Ort, an dem er zur Ruhe kommen kann, und findet ihn nicht.

Er hofft, diesen Ort in Europa zu finden und macht sich auf dem Weg. Da ist er fast 15 Jahre alt. Viele tausend Kilometer führen ihn über Senegal, Mali und Niger nach Libyen. Hier sucht er Gelegenheitsjobs, schleppt Steine, erntet Datteln und verdient ein bisschen Geld, damit es weitergehen kann. „Das war eine Art „Brotherhood“ unter den Flüchtlingen aus den afrikanischen Ländern. Wir haben uns gegenseitig geholfen.“, sagt Jammeh und erzählt, wie sein Schlauchboot auf dem Mittelmeer gerettet wird. „Das war ein großes graues Schiff mit der Bundesflagge von Deutschland. Die haben uns nach Sizilien gebracht.“

Ein gutes Jahr bleibt er in Italien, lebt in einem Wohnheim. „Das war schrecklich. Keine Arbeit, nichts zu tun. Ein bisschen Italienisch lernen. Da gab es keine Perspektive. Ein Freund sagte, wenn du etwas lernen willst, musst du nach Deutschland gehen. Ich habe Geld gespart. Weil ich keinen Pass hatte, habe ich einen Mann gefragt, ob er mir eine Fahrkarte von Mailand nach Deutschland kaufen kann. Dann bin mit dem Flixbus losgefahren.“

In einer Novembernacht 2017 kommt der Bus in Stuttgart an. Salifu Jammeh kennt hier niemanden. Er fragt sich durch. Auf Englisch. „Geh nach Bremen. Da gibt es eine Unterkunft für junge Leute wie dich! hat einer gesagt.“ Und das macht Jammeh. Da ist er 17.

Von der Weser geht es nach Meslin in Mecklenburg. „Wenn es regnet, riecht es dort sehr nach Kuh.“, lacht Salifu Jammeh. Er besucht die 8. Klasse an der Berufsschule. Für Jammeh heißt das, um 5 Uhr aufstehen, mit dem Bus nach Parchim und dann mit dem Zug nach Ludwigslust. Er ist ein guter Schüler, er lernt gern und schnell. Nach einem Jahr zieht er nach Parchim und hat endlich wieder einen Ball vor den Füßen. Für den SC Parchim geht er in der Landesliga als Abwehrspieler mit der Nummer 2 auf den Platz.

In der Schule merkt seine Lehrerin, dass etwas anders ist. Jammeh kann sich nicht mehr konzentrieren, mit ihm stimmt etwas nicht. Sie fragt ihn nach dem Grund und erfährt: Sein Asylantrag wurde nach der ersten Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt. Salifu Jammeh muss Deutschland verlassen. Damit hat er nicht gerechnet. Das hat ihn aus der Bahn geworfen, er ist verzweifelt.

Gemeinsam suchen sie nach einem Ausweg und nach einer Gelegenheit zu einer zweiten Anhörung. Eine Berufsausbildung in Deutschland beginnen, das könnte helfen, seinen Aufenthalt zu verlängern. Jammeh macht sich auf die Suche. Mit Hilfe von Lehrkräften seiner Schule hat er Erfolg. Er bricht die 9. Klasse vor dem Abschluss ab und beginnt die Ausbildung zur Fachkraft im Gastgewerbe im Schweriner Schlossbucht Café.

„Das war unglaublich für mich! Eine Ausbildung! Und damit eine Perspektive. Ich habe eine total nette Chefin, tolle Kollegen und eine Patenfamilie. Zu meinem 20. Geburtstag waren wir alle zum Bowling und sie haben mich mit einer leckeren Torte und Geschenken überrascht.“, strahlt Jammeh, der jetzt auf jeden Fall bis zum Ende der Lehre bleiben kann.

Dem Fußball bleibt er treu. Auch wenn sogenannte Fans ihn auf dem Platz beschimpfen, er spielt weiter. Im Juni 2020 klappt der Wechsel zum FC Mecklenburg Schwerin. „Beim letzten Spiel gegen den FCM habe ich ein Tor für die Parchimer geschossen.“, lacht er und freut sich. „Beim ersten Training war ich schon, es ist toll. Die Jungs sind alle okay.“ Damit bleibt er in der Landesliga und tritt in der nächsten Saison gegen seine ehemaligen Mitspieler vom SC Parchim an.

Wie es nach der Lehre weitergeht, ist unklar. Nach der zweiten Anhörung erfolgte die erneute Ablehnung seines Asylantrages. „Es wird eine Lösung geben. Ich arbeite gern und bin gut in der Schule.“, gibt er sich optimistisch. „Ich möchte noch ein Jahr dranhängen und Restaurantfachmann werden. Und irgendwann möchte ich auch eine Familie gründen.“ – Vielleicht klappt das ja in der Landeshauptstadt, in der Salifu Jammeh zurzeit zu Hause ist.