Er behandelt seine Patienten in vielen Sprachen Ahmad Abu Rumman

Ahmad Abu Rumman, Jordanien

„Ich werde Arzt.“ Diese Entscheidung hat Ahmad Abu Rumman bereits früh getroffen. In der Schulzeit gilt seine Vorliebe der Biologie, Chemie und Physik. „Bei uns werden die Weichen für ein Studium und eine Berufstätigkeit bereits in der Schule gestellt.“, sagt er. Und auch andere Gründe sprechen für die Berufswahl des Jordaniers. „Ein Onkel von mir war Arzt. Dieser Beruf genießt ein hohes Ansehen. Und mein Vater wollte gerne einen Mediziner in der Familie sehen. Unsere Eltern sind sehr involviert, wenn die Kinder die Schule beenden.“

Der Älteste von 3 Geschwistern wächst in Amman, der Hauptstadt Jordaniens auf. 2002 besteht er mit 17 Jahren die Abiturprüfung. Seine guten Noten reichen nicht ganz für die Zulassung zum Medizinstudium in Jordanien. Rumman kann ein Stipendium zum Studium der Pharmazie in Syrien bekommen. „Viele Jordanier haben ihre Ausbildung in Syrien gemacht. Das Niveau der syrischen Universitäten war wirklich hoch. Aber ich wollte nun einmal Arzt werden.“, sagt er. Die Alternative ist ein Medizinstudium im Ausland. „Mein Vater hat mir die Entscheidung überlassen. Allerdings ist es bei uns so, dass man für ein Studium bezahlen muss. Das ist für die Eltern manchmal schwer.“

Ein Onkel Rummans lebt in Amsterdam. Ein Cousin studiert in Kiew. Niederlande? Ukraine? Welche Uni hat einen guten Ruf? Wo geht es schneller? Wie hoch sind die Kosten? Einiges spricht für die Ukraine. „Es gab viele Vorurteile gegenüber der Ukraine.“, so Rumman. „Das sei ein armes Land und es sei gefährlich, dort zu leben. Darum habe ich in Jordanien Ärzte aufgesucht, die in der Ukraine studiert hatten, und habe sie ausgefragt.“ Wirklich ernst genommen haben sie ihn nicht. „Was willst Du denn? Du bist doch erst 17?“

Eine Agentur in Jordanien organisiert die notwendigen Dinge: Flug, Wohnung, Sprachkurs. Und so geht es nach Poltawa in die Ukraine. Ein Jahr lang büffelt Rumman dort Russisch. „Die Sprachakademie hat engen Kontakt mit den Familien gehalten und sofort informiert, wenn jemand faul war oder nicht zum Unterricht gekommen ist. Mein Vater hat mich besucht und er war zufrieden und stolz.“, lächelt Rumman.

Er beginnt das Medizinstudium in Kiew. Die ukrainischen Studenten und die Ausländer lernen getrennt. Die einen auf Ukrainisch, die anderen auf Russisch. „Heute geht das auch auf Englisch.“, so Rumman. Aber 2003 war das für ihn und die Kommilitonen aus Deutschland, Israel, Syrien, dem Irak, dem Iran und die Palästinenser noch nicht möglich.

In Kiew lernt Rumman seine Frau Dascha kennen. Die Ukrainerin arbeitet als Journalistin. Ihre Themen sind Medizin und Gesundheit. 2007 kommt Tochter Diana zur Welt. 6 Jahre dauert das Studium. Die Studiengebühren betragen pro Jahr etwa 2.500 US $. „Anfangs war das Leben in Kiew noch recht preiswert. Die 400 US $, die ich monatlich von meinem Vater bekam, haben für die Miete und das Essen ausgereicht. Aber 2004, nach der ‚Orangen Revolution‘, wurde plötzlich alles teurer. Die Miete stieg um das Dreifache. Damit hat niemand gerechnet.“ Auch der Großvater unterstützt den angehenden Mediziner.

Mit dem Universitätsabschluss in der Tasche reist Rumman nach Hause und beginnt mit dem praktischen Jahr als Mediziner. Am Ende steht erneut eine Prüfung. Dieses Mal auf Englisch. „Ein Kollege und ich haben gemeinsam gelernt. Fast 3.000 Fragen aus den vergangenen Jahren haben wir durchgearbeitet. Ich wollte das unbedingt schaffen.“ Und es hat geklappt. „Meine Frau wollte erst nicht mit nach Jordanien. Ich habe mir viel Mühe gegeben, ihr die guten Seiten des Landes zu zeigen.“ Letztlich folgt sie ihrem Mann in seine Heimat.

Der junge Arzt arbeitet viel: in einem Krankenhaus, 200 km von Zuhause, und in einer Praxis, in der er schon während des Vorjahres einen Nebenjob hatte. Ab 2012 verstärkt Sohn Raiyan die Familie und Rumman überlegt bereits, wo und in welcher medizinischen Fachrichtung er sich spezialisieren könnte. Er denkt zunächst an England. „Innerhalb von einer Woche haben meine Frau und mein Vater vorgeschlagen, nach Deutschland zu gehen. Noch eine neue Sprache. Ich wollte eigentlich nicht. Ich habe mich aber informiert und von dem Mangel an Ärzten erfahren. Da habe ich dann doch angefangen, Deutsch zu lernen.“ , lacht Ahmad Abu Rumman.

Es sind noch einige Hürden zu überwinden, bevor er sein erstes Vorstellungsgespräch an der Universitätsklinik in Essen hat. „Ich kann morgen anfangen! habe ich zu dem Professor gesagt. So schnell geht das nicht, hat der geantwortet. Sie brauchen eine Versicherung, eine Arbeitsgenehmigung, eine Aufenthaltsgenehmigung, Sie brauchen noch viel zu viel!“ Und doch wird die Klinik 2015 sein erster Arbeitsplatz in Deutschland. An die Schweriner Helios-Klinik kommt Rumman im April 2016. Hier arbeitet der 35 jährige gern und fühlt sich wohl.

Rumman spielt Fußball im Eisenbahner Sportverein. Mit dem Kinderwagen schieben seine Frau und er die einjährige Tochter Rimas um den Pfaffenteich. Die großen Kinder besuchen die Schule. 2020 ist die Prüfung als Facharzt für Inneres geplant: nach dem Studium auf Russisch, der täglichen Arbeit in Jordanien auf Arabisch, der Prüfung als Allgemeinmediziner auf Englisch, ist diese Prüfung jetzt mal auf Deutsch.

Länderinfo Jordanien

Das „Haschemitische Königreich Jordanien“ in Vorderasien grenzt an Israel, den im Westjordanland gelegenen Teil der Palästinensischen Autonomiegebiete, Syrien, Irak, Saudi-Arabien und an das Rote Meer (Golf von Aqaba), an dem es eine Seegrenze zu Ägypten hat.