Er träumt vom eigenen Hotel Willy Almanzar Amador
Wenn es klappt, möchte Willy Almanzar Amador in diesem Jahr nach New York reisen. Dort leben im Stadtteil Queens seine zwei jüngeren Halbschwestern. "Wir sprechen oft per Skype miteinander, aber wir haben uns noch nie gesehen!", lacht der junge Mann und erzählt von einem weiteren Halbbruder in der Dominikanischen Republik und einem in Barcelona, Spanien. Dorthin ist seine Mutter im Jahr 2000 ausgewandert. Willy war gerade 4 Jahre alt.
"Sie hat in Spanien nach Arbeit gesucht und wollte unser Leben verbessern. Mein Bruder Elvis und ich sind bei meinen Großeltern im Dorf La Guama in der Provinz San Juan de la Maguana aufgewachsen. Das Dorf ist so klein, dass du es nicht auf der Landkarte von Google findest.", sagt Willy Amador. Von hier aus sind es nur wenige Kilometer bis zur Grenze von Haiti. Im gebirgigen Westen des Landes liegt auch der Pico Duarte, mit 3.098 Metern der höchste Berg der Dominikanischen Republik.
"Ich komme aus einer armen Familie. Mein Opa hatte keinen richtigen Beruf. Er hatte ein eigenes Feld, Hühner, Ziegen, Schafe und ein paar Kühe. Da hat er gearbeitet. Oma hat gekocht und den Haushalt gemacht.", so Amador. Er geht gerne zur Schule. Er liebt es, Baseball zu spielen. Bei diesem Volkssport ist er am liebsten der "Hitter", also derjenige, der den Ball schlägt.
In Spanien arbeitet seine Mutter, Maria del Carmen, schon seit einigen Jahren für eine Hotelkette im Zimmerservice. Sie hat eine feste Stelle und besucht die Familie nur selten. Sie schickt der Großmutter regelmäßig etwas Geld. "Wir haben oft telefoniert, aber gesehen haben wir uns sehr lange nicht.", sagt er.
Im Mai 2009, Willy Amador ist 13 Jahre alt, verändert sich sein Leben. "Ich erinnere mich, als ich "Tschüss" gesagt habe zu meiner Oma. Ich bin in einen Bus gestiegen und zum Flughafen gefahren.", sagt er und klingt dabei ein wenig traurig. Er landet in Barcelona, Spanien. Da war dann alles anders. Das Klima, die Luft, die große Stadt. Und die Leute sprechen Katalan.
Es sind Sommerferien und Willy Amador verbringt viel Zeit auf der Straße und auf dem Spielplatz. "Dort habe ich schnell Freunde gefunden. So viele Ausländer hatte ich aber noch nie gesehen. In unser Dorf kamen manchmal amerikanische Touristen, aber hier waren jetzt Leute aus vielen Ländern. Manchmal hab ich mich gefragt, was mache ich hier? Und woher kommen all diese Menschen?"
Im September geht er dann in die Schule. Mit den neuen Lehrern und den neuen Mitschülern klappt es gut. Im Winter gibt es Schnee. Das passiert selten in Barcelona. "Da habe ich zum ersten Mal Schnee gesehen. Ich habe damit gespielt, bis meine Hände ganz gefroren waren und hab auch probiert, wie das schmeckt.", schmunzelt er. "Diese Kälte kannte ich nicht."
Nach dem Schulabschluss geht Amador 2012 auf Arbeitssuche. Er besucht einen Kurs als Kellner. Dafür muss er bezahlen. Er macht ein Praktikum, jobbt in einer Bar und in einem Kosmetikstudio. "Ich wollte zu Hause raus, wollte selbstständig sein. Im Internet habe ich nach Arbeit gesucht und bin auf "The Job of my Life" in Deutschland gestoßen.", so Amador. Dieses Programm des Bundes zur Förderung der beruflichen Mobilität von ausbildungsinteressierten Jugendlichen aus ganz Europa bringt unter dem Namen MobiPro-EU viele junge Menschen nach Deutschland, mehr als 240 auch nach Schwerin und Westmecklenburg.
Unter ihnen ist Willy Amador. Mit einem Nebenjob verdiente er sich das Fahrgeld für einen Intensiv-Sprachkurs Deutsch. Dann geht es mit einem Ausbildungsvertrag als Hotelkaufmann ins Schloss Basthorst. "Als ich dort ankam, im Wald zwischen all den Bäumen, hatte ich Angst. Wo bringen die mich hin? Überall roch es nach Landwirtschaft. Ich hatte kein eigenes Zimmer und dachte nur, wie komme ich hier raus? Aber ich habe durchgehalten, einen Führerschein gemacht und viel gelernt. Ich hatte gute Unterstützung. Als ich herkam, war ich ein Kind. Das ist jetzt anders."
Seine Mutter hat ihn im letzten Sommer in Schwerin besucht. Mit ihr war er im Schweriner Schloss und auch in Warnemünde. "Es hat ihr gut gefallen. Ja, ich lebe gerne hier. Die meisten Menschen sind nett. Wenn ich mal etwas mehr Party möchte, fahre ich nach Hamburg.", lächelt er und erzählt von seinen Reisen nach Kopenhagen, Prag und Amsterdam.
Seine Lehre beendet er im Best Western Hotel in Frankenhorst. Dort arbeitet er am liebsten am Empfang. "Ich mag es, neue Menschen kennenzulernen und ihnen zu helfen.", sagt er. Die nächsten Jahre möchte Willy Amador in Schwerin leben und arbeiten. Vielleicht kann er auch als Fotomodell etwas Geld verdienen und sparen.
In der Dominikanischen Republik war er seit 2009 nicht mehr. Seine Großeltern sind inzwischen beide gestorben. Er hat sie nicht wieder gesehen. "Am liebsten möchte ich reich werden!", lacht er. "Der Tourismus in der Dominikanischen Republik wächst. Und vielleicht mache ich in Santo Domingo mal ein eigenes Hotel auf."