Mit dem Weglaufen ist es vorbei Alan Ebnother aus den USA
„Life without painting is shit. Painting without life is shit.“, schreibt Alan Ebnother in seinem Tagebuch.
Damals, Anfang 2000, ist Ebnother gerade von Deutschland nach New Mexiko, USA umgezogen und hat sich dort in der Wüste um die Planung und den Bau seines Ateliers gekümmert. „Dort ist alles voll von Klapperschlangen, die sind klein, schnell und aggressiv!“, lacht Ebnother.
„Mein Familienname stammt aus der Schweiz. Mein Urgroßvater war Schweizer. Er hatte eine junge Frau mit 2 Kindern. Sie war schwanger mit dem dritten Kind, als er sie und die Kinder in die USA schickt. Gefolgt ist er ihnen nicht. Er war Söldner und behauptete in den Krieg zu ziehen, aber stattdessen hat er eine neue Frau genommen und ist in der Schweiz geblieben. Er war ein Schlawiner“.
Von seinem Atelier ist es etwa eine Autostunde bis Santa Fe. Mit rund 85.000 Einwohnern ist die Hauptstadt des Bundesstaates New Mexiko kleiner als die Landeshauptstadt Schwerin. Für Künstler und Kunstliebhaber ist Santa Fe mit den mehr als 250 Galerien ein Eldorado, einer der bedeutendsten Orte der zeitgenössischen amerikanischen Kunstszene. Hier und in Basel, Stuttgart, Locarno, Innsbruck, Houston und anderswo in der Welt stellt Alan Ebnother (66) seine Bilder aus.
Ende 2010 kommt er nach Nordhausen in Thüringen. Einen Monat vor der Geburt seiner Tochter Amelie. „Das war eine klare Entscheidung. Jutta war dort Ballettdirektorin am Theater. Und ich wollte für sie und uns unsere Tochter da sein. Ich kam aus der Wüste. Nordhausen war okay. So schöne Gebäude! Ich war in Gedanken viel damit beschäftigt, überall Ateliers einzurichten.“, sagt Ebnother, der bereits vorher schon in Deutschland gelebt hat.
Er hat eine bewegte Vergangenheit. „Ich bin immer weggelaufen, abgehauen. Aus dem Kindergarten, aus der Grundschule, der High School, auch von der Universität und vom Ballett. Ich habe nirgends einen Abschluss gemacht. Auch später nicht.“, schmunzelt er und sagt von sich, er sei ein „junger Wilder“ gewesen.
Mit Anfang zwanzig wollen ihn die Eltern seiner damaligen Freundin von den Drogen wegholen. „Wäre es nach ihrem Vater gegangen, er war Schauspieler, wäre ich zur Schauspielschule gegangen. Ihre Mutter, Balletttänzerin, wollte, dass ich tanze. Ich machte gerade in New York eine Ausbildung als Goldschmied, verdiente ein bisschen Geld und saß eines Abends vor dem Fernseher, es lief „Schwanensee“. Ich hatte wirklich keine Ahnung vom Ballett, aber danach war mir klar: das mache ich!“
Er geht an die Joffrey Ballettschule, bekommt eine Empfehlung für eine Ausbildung beim Royal Winnipeg Ballett, Canada. Hier trifft er erstmals auf John Neumeier, der dort Tschaikowskis „Nussknacker“ inszeniert und Ebnother kurzfristig in sein Team holt. Danach geht er in Stuttgart an die John Crank Ballettschule. Kurz vor dem Ende der Ausbildung fährt er zum Vortanzen nach Hamburg zu Neumeier, unterschreibt einen Vertrag. „In Stuttgart waren die ganz schön sauer.“ - Abschlossen hat er auch diese Ausbildung nicht.
Nach 3 ½ Jahren Ballett will Ebnother ein Jahr Pause machen. Er hatte bereits mit dem Malen angefangen, geheiratet und geht zurück in die USA. „Das war finanzielle Katastrophe. Ich konnte kein Bild verkaufen, nicht ausstellen, nichts. Aber ich fand einen Job als Ballettlehrer und Coach und habe junge Tänzer trainiert und als Ballettmeister gearbeitet. Ich hatte ja spät mit dem Tanzen begonnen, musste viel im Kopf lernen. Das war jetzt ein Vorteil!“, sagt er und beschreibt seinen Weg durch die Ballettsäle in den USA und in Europa, darunter Zürich, Ulm, Stuttgart und Wiesbaden.
Ballett und Malerei sind sein Leben. „Ich wollte nicht für Geld malen, ich wollte für Liebe, für die Kunst malen und ich denke, das habe ich gemacht. Aber ehrlich, wenn Du weißt, dass die Bilder verkauft werden, ist es nicht einfach damit klarzukommen.“
Er geht nach New Mexiko und malt. Bei einem Besuch in Deutschland 2008 lernt er die Ballettdirektorin Jutta Wörne kennen. Sie heiraten und er folgt ihr erst nach Nordhausen und 2016 nach Schwerin.
„Als wir hier her kamen, wollten wir einen Ort finden, wo ich arbeiten und zu Hause sein kann, wenn unsere Tochter aus der Schule kommt. Ich habe gedacht, ich könnte in Schwerin Ausstellungen machen. Aber das war ein Traum. Die Art Kunst, die Menschen hier interessiert, ist ganz anders als meine Malerei. Das ist okay. Schwerin ist traumhaft und es ist eine „Anti Kunststadt“. Ich kenne kaum eine Stadt mit weniger Kunst. Okay, da ist das Museum, ein bisschen verstaubt, aber schön.“, schmunzelt Alan Ebnother.
Ebnother lebt gern hier. Und er setzt sich mit der Stadt auseinander. Er hat Ideen und so entwickelt er im Gespräch einen Gedanken zur Nutzung des leerstehenden Bankgebäudes in der Friedrichstraße. „Zwei Ballettsäle, einer mit einer großen Glaswand, damit die Schweriner den Tänzern bei den Proben zusehen können. Das bringt doch die Menschen mit dem Theater hier zusammen. Oder ein Hotel und eine Markthalle in das schöne Postgebäude.“, greift er ein Konzept von Ecki Raff auf. Auch für andere Orte, wie die ehemalige Stadtbibliothek, fällt ihm etwas ein.
Und seine Malerei? „Ich habe jetzt ein Jahr nix gemacht, bin ein bisschen „on strike. Ich warte darauf, wieder zu malen. Wenn Du anfängst zu malen, bist du weg, du machst die Farbe, arbeitest mit der Leinwand. Aber, was macht ein Jäger? Was macht ein Fischer? – Sie warten. Das tue ich jetzt auch Und ich weiß, es wird passieren. Ich habe keine andere Wahl.“
Und wie wäre es mit Wegrennen? Das will er nicht mehr. „Für meine erwachsenen Kinder war ich immer der Vater, der nicht da war. Mein Leben hat sich verändert. Ich warte.“
Länderinfo USA
Vereinigte Staaten von Amerika, die „United States of America“ (USA) sind eine föderale Republik, die im Wesentlichen aus 50 Bundesstaaten und einem Bundesdistrikt, der Hauptstadt Washington, D.C. besteht.
Rund 329 Millionen Einwohner sind überwiegend Nachfahren von Einwanderern. Nur knapp 1% gelten als Native Americans.
Trotz restriktiver Einwanderungspolitik wurden 2018 nach Angaben der UNHCR 96.495 Asylanträge in den USA von Flüchtlingen gestellt. Die meisten davon kamen aus Venezuela, Guatemala und aus El Salvador. Am erfolgreichsten waren die Anträge von Flüchtlingen aus den Arabischen Emiraten und aus Somalia.
Handelskonflikte beeinträchtigen die wirtschaftliche Entwicklung. US-Sonderzölle sowie die chinesischen Vergeltungsmaßnahmen treffen auch deutsche Niederlassungen in den USA. Innerhalb der US-Unternehmen müssen vor allem Hersteller von Baumaschinen und Agrartechnik Ausfuhreinbußen verkraften. Besonders hart trifft es die US-Agrarexporte - ein Teil der Landwirte hat Konkursschutz beantragt. Inzwischen ist auch die Halbleiterbranche betroffen, von einem US-Lieferverbot an den Telekommunikationstechnikhersteller Huawei.