Heiraten, wenn die Behörden mitspielen Itay Abu Yael aus Israel
„Vorgestern war mein „deutscher Geburtstag“. Seit zwei Jahren lebe ich jetzt hier.“, sagt Itay Abu Yael. Bis zum Sommer 2017 war sein Zuhause in Israel.
Aufgewachsen ist Abu Yael in der Stadt Kfar-Sava, gut 30 Autominuten nordöstlich von Tel Aviv, an der Grenze zum Westjordanland gelegen. Hier ist Abu Yael zur Schule gegangen.
Mit 12 Jahren schließt er sich der Bewegung „Hashomer Hatzair“ an und engagiert sich viele Jahre in der Organisation, die der „Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken“ nahe steht. Er besucht Seminare und wird Leiter von Jugendgruppen und -freizeiten. Ganz selbstverständlich lebt Itay Abu Yael im Kibbuz. Für 3 Jahre muss er wie alle jungen Männer in Israel zur Armee.
Historisch war die Idee des Kibbuz eine genossenschaftliche Siedlung gleichberechtigter Mitglieder, in der es kein Privateigentum geben und das tägliche Leben kollektiv organisiert werden sollte. Geschaffen werden sollte eine klassenlose Gesellschaft mit der Betonung auf Gleichheit und Gemeinschaft. Nach dem Zitat von Karl Marx „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“
Abu Yael beteiligt sich am Leben in der Gemeinschaft des Kibbuz, am gemeinsamen Wirtschaften und verzichtet auf eigenen Besitz. Mit 27 zieht er in den Süden Israels, nur 2 km entfernt von Gaza. Auch dort arbeitet er in einem Kibbuz. Dies ist weniger strikt organisiert. Er übernimmt die Nachmittagsbetreuung, ist quasi der Sozialarbeiter dort, hat mit 28 Jahren zum ersten Mal ein eigenes Bankkonto, eine eigene Wohnung, ein Auto.
„Es waren zwei interessante Jahre dort., meine ersten Lebenserfahrungen allein. Das Leben war anders. Die Kinder waren anders. Manchmal flogen Raketen.“, sagt Abu Yael.
Ihm gefällt die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und er beginnt ein Lehramtsstudium an der Universität von Haifa. Als frischgebackener Lehrer fängt er in Givat Olga an einer öffentlichen Schule mit der Arbeit an. Die Schule trägt den Namen „Gavol“.
Die „Gavol“ eine „demokratische Schule“. Nicht nur in Israel gelten solche Schulen als besonders fortschrittlich. Sie sind basisdemokratisch organisiert, und die Schüler lernen weitgehend selbstbestimmt, was und wie sie wollen. Die Schulen sind erfolgreich und werden in der Regel von Kindern aus der Mittel- und Oberschicht besucht. Nicht so in Givat Olga.
In Givat Olga, einer der ärmsten Wohngegenden in Israel, sind es vor allem Kinder aus dem Stadtteil, die hier zur Schule gehen. 2005 zogen etwa 30 Pädagogen, Künstler und politische Aktivisten nach Givat Olga, um dort durch Stadtteilarbeit und Kulturprojekte einen sozialen Wandel zu initiieren. Sie waren überzeugt, dass das Leben an diesem Ort durch Bildung auf Dauer verbessert werden kann, und gründeten die Schule. Die Ideen der Gruppe lockten weitere Interessierte an, unter ihnen auch Itay Abu Yael.
„Dort habe ich Ton- und Lichttechnik und andere Dinge unterrichtet. Wir haben das Musical „König der Löwen“ mit den Schülern inszeniert, auf Englisch. Die meisten Kinder konnten gar kein Englisch, aber für dieses Musical, für die Aufführung haben sie es gelernt. Wir hatten viele Freiheiten dort!“, so Abu Yael und man kann ihm die Freude an der Arbeit ansehen. Fünf Jahre bleibt er dort und sammelt Erfahrungen.
Eine junge Frau, angehende Sozialarbeiterin aus dem Schweriner Umland, kommt als Praktikantin nach Israel. Sie lernen sich kennen, trommeln gemeinsam und werden ein Paar. Eine Zeit lang reisen beide, wann immer es geht, hin und her. Als sie Eltern werden, fällt die Entscheidung: Itay Abu Yael kommt nach Schwerin. – Für ihn ist das einfacher, denn er hat außer der israelischen Staatsbürgerschaft auch die österreichische, ist also EU-Bürger.
Nach dem Sprachkurs unterrichtet er sofort an einer Berufsschule Musik und Englisch für Erzieher und Sozialassistenten. „Ich hatte viel Glück!“, sagt er, aber die Hürden der Bürokratie nerven schon sehr. „Alle 3 Monate verlangen die Behörden irgendein weiteres Dokument, eine neue Übersetzung. Das müsste viel einfacher sein!“
In Schwerin fühlt sich Abu Yael wohl. Er engagiert sich, gründet gemeinsam mit anderen eine Samba-Trommelgruppe, die zum weltweiten Netzwerk „Rhythms of Resistance“ zählt und die bei verschiedenen Anlässen gegen Diskriminierung, Ausbeutung und Unterdrückung auf die Straße geht. Und er hält Vorträge auch über das Leben und die Politik in Israel.
Die Stolpersteine auf den Gehwegen der Stadt stimmen ihn nachdenklich. Er denkt an die Geschichte der Juden in Schwerin, an seine Großeltern, die vor den Nazis aus Österreich geflohen sind, und an die, die das KZ in Ausschwitz überlebt haben. „Ich freue mich über die Gelegenheit, hier zu sein und jüdisches Leben in Deutschland wiederbeleben zu können.“
Was er über die Rechte hier in Deutschland denkt? „Nazis gibt es überall, auch solche, die hebräisch sprechen. Da spielt die Nationalität keine Rolle. Dagegen muss man sich stellen, egal wo.“, stellt er seinen Standpunkt klar.
Im September wurden Itay Abu Yael und seine Partnerin erneut Eltern. Und sie möchten auch heiraten. „Vielleicht, wenn die Behörden mitspielen, klappt das ja nach dem dritten Kind!“ lacht Abu Yael.
Länderinfo Israel
Israel wird von Juden, Christen und Muslimen als das Heilige Land angesehen. Die heiligsten Stätten liegen in Jerusalem. In der Altstadt befindet sich der Tempelberg mit dem Schrein des Felsendoms, der Klagemauer, der Al-Aqsa-Moschee und der Grabeskirche.
Der Staat wird nach Ende des britischen Mandats über Palästina am 14. Mai 1948 als parlamentarische Republik gegründet, legitimiert durch eine Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen von 1947. Der Plan der UN, Palästina in einen israelischen und einen arabisch-palästinensischen Staat aufzuteilen, war Ausgangspunkt des vielschichtigen Nahostkonflikts, der in Teilen bis heute andauert.
8,7 Millionen Menschen, überwiegend Juden, leben hier. Jerusalem ist die Hauptstadt. Tel Aviv ist das Finanzzentrum Israels und für seine Bauhaus-Architektur und seine Strände bekannt.
Israel hat eine technologisch hoch entwickelte Marktwirtschaft. Der öffentliche Dienst, beschäftiget 33 % der israelischen Arbeitnehmer.
Die amtliche Arbeitswoche beginnt in Israel mit dem Sonntag, als dem ersten Tag der Woche. Während des Sabbats von Freitagnachmittag bis Samstagabend bleiben in vielen Orten die meisten Geschäfte geschlossen und werden fast keine Dienstleistungen angeboten.
Israel hat den Atomwaffensperrvertrag nie unterzeichnet und verfügt nach allgemeiner Einschätzung seit den sechziger Jahren über Atomwaffen.